Moin!
Ich bin neu hier. Habe den 600er Bausatz (muss noch Farbe kratzen) mit 3D-Kopf (erster Test nicht schlecht!) und nun auch die HF Spindel 500. Ich konnte bisher ein wenig "Mikro-CNC-Erfahrungen" mit einer Roland MDX15 sammeln (4.Achsen Juwelierfräse mit Abtastscanner). Für Arbeiten in 1:160 war die MDX15 ausreichend. Hat Urmodelle für Weißmetallgußformen aus Schaumblöcke gefressen (SIKA Blöcke) und Platinen (Bungard-FR4)gefräst. Das soll die 600er auch, aber im Massstab 1:45. Die HF Spindel kam heute hier an. Wurde heiß erwartet, da ein Teil mit solchen Preis-/Leistungsdaten bisher auf dem Markt fehlte. Proxxon ist nicht schlecht, kam bei mir aber immer mal an die Leistungsgrenze. So, Vorwort Ende!
Es folgt der "heiße HF 500 Start". Zunächst das Erscheinungsbild (Fotos gibt es schon genug, was erzählt die "Haptik"?):
Die Spindel
Der Fräsmotor gefällt sofort nach dem Auspacken (emotionaler, erster Eindruck). Kompakt, massiv und solide verarbeitet liegt er gut in der Hand. Das Spannungskabel (Lapp Ölflex-Robust 210, 3 x 1,5qmm, D=7/L=1100mm, flexibel) ist am Motor fest verschraubt, endet am Steuergerät mit einem sicher verschraubbarem Stecker (5-pol DIN) aus Metall. Der Schlauch für die Sperrluft (transparent, D=4/L=2000mm PVC) sitzt satt und fest in der leicht lösbaren Schlauchkupplung am Motor (gleiche Kupplung wie am 3D-Kopf). Unten sitzt die ER11 Mutter auf dem Zangenschacht. Die Zangen (extra bestellen!) sind witzig klein, sind aber präzise wie die "großen". Schäfte bis 8mm lassen sich montieren. Der 43mm dicke Spindelhals hat eine massive Fläche zum Einspannen in den Spindelhalter (sichere Montage. Aber die Farbe muss aus der 43mm Aufnahme raus!). Unter der Montageplatte geht der Spindelhals noch ca. 14mm weiter mit 3 eingestochenen Kühlrippen. Dieser Halsüberhang unter der Halteplatte reduziert an der Fräse die Z-Nützhöhe um ca. 36mm. Montiert man die Spindel auf den Kühlrippen, gewinnt man ca. 10mm Höhe (unsichere Montage?). Über der Einspannung sitzt der Sperrknopf zum Blockieren der Spindel beim Werkzeugwechsel (17er Maulschlüssel, liegt nicht dabei). In der Spindel sitzt ein "Hacker Brushless Motor", Typ 800rpm/V. Ich kenne den Hersteller aus der Multikopter-Szene. Er glänzt da mit hochwertigen Produkten (leicht, solide = Power auf Dauer).
Die Sperrluft-Pumpe
Ich weiß jetzt, warum das Sperrluft heißt. Öffnet man den Verpackungsbeutel, bleibt einem glatt die Luft weg. Die Pumpe stinkt wie ein ganzer Fahrradladen in der Gummiecke (wahrscheinlich "PAK"-Muff = googeln!). Tipp: Pumpe ein paar Tage draußen in die Sonne legen, dann verfliegen diese "aromatischen" Nasenstörfriede. Die Pumpe hat ein recht kurzes (L=75cm), festes Anschlußkabel. Dafür aber einen langen Luftschlauch (L=2m). Sie läuft leise, aufgehängt betrieben ist sie kaum hörbar. Die mit der Pumpe erzeugte Sperrluft soll Fremdkörper von den Lagern des Motors ausperren. Der erzeugte Luftdruck presst mit leichtem Überdruck Luft durch die Hohlräume im Inneren der Lager und verhindert so das Schmutz eindringt. Keine Angst - die Druckluft muffelt nicht!
Das Steuergerät
Eine stepcraftorange Blechkiste. Hinten sitzt die Schraubbuchse für das Spindelkabel und ein festes Spannungskabel (L=1,60m). Vorne findet man den Hauptschalter, den Motor AN/AUS Knopf und die Drehzahleinstellung mittels Drehgeber ("Endlos-Poti") und 2-stelliger Anzeige. Dargestellt wird die eingestellte Drehzahl in Prozentwerten zur max. Drehzahl von 20.000rpm. Die Spindel startet bei 10%, bei 99% ist Schluss. Umgekehrt stopt die Spindel bei 7%. Zwischen Null und Sieben Prozent geschieht also nix! Die Drehzahländerungen erfolgen nicht ganz linear, sie steigen jeweils um 1% bei 1-3 Drehgaben (spürbar) am Einsteller. Der so eingestellte Leistungswert bleibt beim Motor EIN/AUS-schalten erhalten. Wird das Steuergerät ganz ausgeschaltet, startet es immer bei 00%. Auffallend: beim allerersten Einschalten jault das Steuergerät (die eingebauten Lüfter) eine Weile recht laut. Wahrscheinlich läuft da eine Initialisierungsprozedur ab. Danach wird es ruhig und es bleibt auch ruhig bei weiteren EIN/AUS Schaltungen. Das Steuergerät besitzt keine Beschriftung an den Bedienelementen (wie beim 3D-Kopf-Controller). Ein Kabel zum Anschluss an den Fräscontroller liegt anbei. Die ausführliche Bedienungsanleitung beschreibt als Funktion des Kabels lediglich eine Spindel AN/AUS Funktion. Die PWM Funktion (zur Drehzahlreglung via SW über den Stepcraft/PC Weg) wird als "nicht belegt" beschrieben. Das wäre schade und wird zu testen sein. Ich teste die Spindel jetzt ohne Fräse, da ich den Motor auch auf einer manuellen Handkurbelfräse nutzen will, quasi "Stepcraft offline". Für solche Nutzfälle kann man einen Notschalter über die Schnittstellenbuchse zusätzlich anbauen (dringend empfohlen = ist in der Anleitung beschrieben). Im Normalfall sichert der Notschalter an der Fräse auch die Spindel ab.
Jetzt wird's heiß
Stepcraft empfiehlt dringend die Einhaltung einer lastlosen Einlaufprozedur (extra beigefügter "Inbetriebnahme-Zettel"). Der Grund sind Fettlager im Inneren der Spindel, die aktiviert werden müssen. Das funktioniert so:
Bei der Produktion werden Schmiermitteldepots in den Motor eingebaut. Diese Depots sind versiegelt. Die Siegel brechen bei einer bestimmten Temperatur und geben die Schmierung frei. Dauerdepots geben bei bestimmten Temperaturen immer ein wenig Schmiermittel ab. So erreicht man hohe Standzeiten ohne Wartung, sichert aber auch lange Lagerzeiten ohne das Schmiermittel "verharzen" oder ausfallen.
Diese Einöaufprozedur habe ich nach nun knapp 2h hinter mir. 5 x 33%ig, 5 x 66%ig und 5 x 99%ig soll man jeweils eine Minute lang den Motor laufen lassen. Dazwischen immer 2 Minuten Stillstand einbauen. Ich starte mit eingeschalteter Sperrpumpe (muss im Betrieb immer laufen!). Die Spindel sitzt in einem einfachen Bohrständer mit 43mm Aufnahme. Ich messe die Motortemperatur mit einem Digitalthermometer oben am Lüfterrad des Spindelmotors.
- die erste Minute bei 33% = kaum Wärme. Motor zieht gut durch, rumpelt ein wenig, Laufgeräusche variieren etwas.
- zweite Minute bei 33% = 35 Grad.
- dritte Minute bei 33% = 45 Grad.
- fünfte Minute bei 33% = 46 Grad.
- die erste Minute mit 66% = 47 Grad. Geräuschvariationen werden weniger, scheinbar "laufen" erste Schmiermittel.
- dritte Minute bei 66% = 54 Grad. Geräusche werden noch homogener.
- fünfte Minute bei 66% = 50 Grad. Die Lagerreibung lässt wohl etwas nach, die Schmierung schreitet voran.
- zweite Minute bei 99% = 56 Grad.
- fünfte Minute bei 99% = 58 Grad. Das ist jetzt "volle Pulle" bei gut wahrnehmbarem Laufgeräusch.
Dann startet die zweite Phase, der "Dauerlauf". 2 x 30 Minuten bei 99% mit 5 Minuten Pause dazwischen.
Jetzt messe ich direkt am Spindelhals. TempFühler mit Wärmeleitpaste angeklebt.
- erster Lauf nach 15 Minuten 99% = 60 Grad. Heiß. Nicht mehr anfassen!
- erster Lauf nach 30 Minuten 99% = 58 Grad. Wieder etwas mehr Schmierung und leichterer Lauf
- nach 5 Minuten Pause: 52 Grad. Die Sperrluftpumpe läuft die gesamte Zeit!
- zweiter Lauf nach 30 Minuten 99% = 56 Grad.
Fertig
Diese Temperaturen werden bei Volldampf auch den Fräser etwas(?) anwärmen. Wie sich das auswirkt, wird man sehen und erfahren. Wie gesagt, alle Werte gelten ohne Fräsbelastung! Das Steuergerät bleibt mit leichtem Lüftergeräusch die ganze Zeit ruhig.
Fazit
Ein schönes Gerät hat Stepcraft da entwickelt. Wenn Leistungstests den ersten positiven Eindruck verstärken, könnte das Teil auf dem Markt Furore machen! Die Hitze könnte u.U. eine Optimierung erforderlich machen. Ich denke da an eine kleine Wasserkühlung (asserhalb der Spindel). Falls notwendig. Ich habe wenig Spindelerfahrung und kenne sonst nur die tonnenschweren, mit eigenem Druckwasseranschluß versehenen Monsterautomaten in der Industrie. Die Crew hier im Forum wird meine Starterfahrungen mit der "Hobby-Spindel" sicher gut ergänzen!
So, jetzt muss ich noch ein wenig Farbe aus Bohrlöchern der Fräse schaben (das ist eine echte "Challenge", nicht wahr "Old-Papa"?), bevor ich die Spindel mitfahren lasse und dann auch Filme auf meiner Webseite zeigen kann. Bis dahin bin ich gespannt auf weitere Spindelberichte hier im Forum.
Viele Grüße von der Waterkant
Dieter