Hallo,
die Anzahl der Schneiden am Fräser sagt an und für sich noch nicht viel aus ob ein Fräser für Alu geeignet ist und wenn ja für welche Sorten und unter welchen Bedingungen.
Das wichtigste zuerst: Alu ist nicht gleich Alu - die Unterschiede zwischen den Legierungen in Bezug auf die Zerspanbarkeit sind riesig.
Hauptproblem bei Alu ist "schmieren" - das Material erwärmt sich, klebt dann am Fräser fest, verstopft dabei die Nuten und führt letztlich zum Bruch.
Entsprechend will man bei Alufräsern in erster Linie die Erwärmung reduzieren - also scharfe, stark hinterschliffene Schneiden und große Nuten aus denen die Späne leicht abtransportiert werden können.
Das geht am einfachsten mit nur einer einzigen Schneide. Bei größeren Durchmessern und unproblematischen Alulegierungen kann mann allerdings ggf. auch 2, 3 oder 4 Schneiden verwenden wodurch die Zerspanungsleistung entsprechend erhöht wird. Es kommt also nicht auf die Anzahl der Schneiden an, sondern auf den Einsatzzweck für den der Hersteller den Fräser vorgesehen hat.
Entsprechend sollte man zuerst auf die Alulegierung achten:
- Je härter und fester das Alu, desto weniger muss man sich Gedanken um Fräser und Parameter machen.
Klingt unlogisch, doch hochfestes Alu ist erheblich leichter zu zerspanen als weiches, da es wenig bis gar nicht zum schmieren neigt.
- Weiche Legierungen dagegen lassen sich oft nur mit speziellen Fräsern + Schmierung in einem sehr engen Drehzahl- und Vorschubbereich sinnvoll bearbeiten.
Da muss dann wirklich alles stimmen oder der Fräser bricht ab.
- Ziemlich schlimm sind z.B. die eloxierten Aluprofile aus dem Baumarkt. Das Zeug schmiert extrem und die Eloxalschicht macht den Fräser in kürzester Zeit stumpf.
- Ebenfalls Finger weg: Bleche die speziell zum biegen oder tiefziehen vorgesehen sind. Besser wenn das Blech mit "Halbhart" oder "Hart" bezeichnet wird.
Dann entscheidet man sich entsprechend für einen Fräser, wobei die Unterschiede zwischen deutschem Markenprodukt und Chinafräser von eBay besonders bei weichem Alu erheblich sind.
Der hochwertige Fräser hat einen deutlich größeren Drehzahl- und Vorschubbereich in dem er sinnvoll funktioniert - nur: bei völlig daneben liegenden Parametern brechen beide in Sekundenschnelle ab...
Und damit sind wir leider schon beim leidigen Thema Fräsparameter:
- Da kommt man leider kaum ums ausprobieren herum und muss den einen oder anderen abgebrochenen Fräser einkalkulieren.
Die Drehzahl- und Vorschubangaben aus Tabellenbüchern und Herstellerdatenblättern sind einfach nicht 1:1 auf Hobbymaschinen übertragbar.
- Ziel ist es schöne, glatte Späne zu bekommen - dann passt alles.
- Sobald sich ein Wulst oder Grat am Material bildet: sofort ausschalten - das ist schmieren und der Fräser oft nur noch Sekunden vom Tod entfernt.
Drehzahl runter / Vorschub hoch / Frästiefe verringern / ggf. schmieren...
Dasselbe wenn eher Staub als Späne entsteht (allerdings bei weitem nicht so kritisch)
- Ggf. Fräsung nach ein paar Sekunden unterbrechen, Fräser hochfahren und sehen ob Alu am Fräser festgebacken ist -> falls ja schmiert es -> siehe oben...
- Das Gegenstück: stark deformierte Späne - jetzt wird der Fräser kräftemäßig überlastet - also Drehzahl hoch / Vorschub runter / ebenfalls Frästiefe verringern...
Allerdings kann man die Problematik durch Wirbelfräsen drastisch reduzieren.
Damit funktioniert es auch in weichen Legierungen über einen weiten Drehzahl- und Vorschubbereich selbst mit nicht ganz optimalen Fräsern und ohne Schmierung in der Regel sehr gut.
Bei flachen Schnitten steigt allerdings die Bearbeitungsdauer oft stark an während man bei tiefen ggf. etwas Zeit sparen kann.
- Wirbelzustellung (in Estlcam) ca. 2-5% (Richtung 2% für schmierende Legierungen, Richtung 5% für unproblematische)
- Tiefenzustellung gerne 2-3facher Fräserdurchmesser...
- Vorschub was die Maschine hergibt ohne sich allzu sehr aufzuschaukeln...
- Drehzahl mittel bis hoch...
- Ziel sind feine nadelförmige Späne - hier bei Bedarf in erster Linie über die Wirbelzustellung gegensteuern...
- Auch hier kommt man um ausprobieren nicht ganz herum, allerdings hat man viel mehr Spielraum bevor es für den Fräser kritisch wird...
Edit: wenn der Fräser seitlich hin und her wandert oder Schlangenlinien fährt ist das auch ein ziemlich sicheres Zeichen für schmieren -> abschalten. Alu aus zugeschmierten Fräsern vorsichtig mit einem Schraubenzieher etc. möglichst von oben her entfernen (um die Schneiden nicht zu beschädigen) und dabei aufpassen dass man sich nicht verletzt - die Dinger sind sehr scharf. Sind die Schneiden des Fräsers beschädigt hilft leider meist nur noch wegwerfen.
Christian